Ich weiß, dass viele Menschen mich vielleicht für verrückt halten mögen und das ist auch gut so! Die Welt braucht eh mehr verrückte, ungezähmte, unangepasste Menschen. Also was soll´s :-)
Zur Geschichte: Ich habe ingesamt acht Jahre gebraucht um sie fertig zu schreiben, warum so lange weiß ich nicht genau, ich könnte darüber spekulieren möchte ich aber nicht. Wichtig ist, sie ist fertig "Unsere gemeinsame Heldenreise".
Die Erzählung von einem Menschen und einem Pferd, wie sie sich jeden Tag tausende Male auf der ganzen Welt abspielt.
Wenn Du liest, dann lies mit dem Herzen, nicht mit dem Verstand, denn der Verstand wird die Dinge abhandeln, be- und verurteilen, dein Herz nicht.
Jahreszeiten
Sanft schiebt sich die Sonne hinter dem Berg vor mir heraus. Auf der Weide ist es noch feucht vom Tau, meine Hufe fühlen sich gut an, wenn es nicht so trocken ist. Heute wird wieder ein heißer Tag, ich spüre das in all meinen Gliedern. Sehnsüchtig und getrieben starre ich in die aufgehende Sonne, in weiter Ferne naht die Veränderung, ein leises Rauschen macht sich in mir breit, lässt meinen ganzen Körper vibrieren. Ich warte schon zu lange auf diesen einen Tag, den besonderen Tag, an dem sie mich endlich finden wird und wir unseren gemeinsamen Seelenplan vollenden können.
Eine Geschichte erzählt aus der Sicht eines Pferdes. Eine kurze Geschichte wie sie Millionen Male schon vorher stattfand, nur diese eine wurde auf Wunsch des Pferdes aufgeschrieben. Eine Erzählung über ein Pferdeleben.
Mein Leben begann, wie das aller Pferde. Ich wurde geboren, lebte einen Sommer lang an der Seite meiner Mutter, die mich liebevoll umsorgte und mir alles bei brachte, was man als Pferd so wissen muss. Später nach dem Trennungsschmerz wurde ich zu einem guten Reitpferd ausgebildet. Den Schmerz meines Körpers lernte ich zu verstecken, denn ich bemerkte dass Menschen keinen Schmerz dulden und die Erfahrung lehrte mich, all das was mein Körper ertrug, geduldig, stumm und sorgfältig verborgen zu halten. Natürlich blieb es nicht aus, das trotz meines Aushaltevermögens, immer wieder kleine Unpässlichkeiten den Tierarzt in den Stall brachten. Meine Menschen wurden oft traurig, wütend und ungeduldig mit mir. So kam es, das ich immer wieder zu neuen Menschen kam und es spielte sich immer wieder das gleiche Drama ab. In manchen dunklen Nächten verzweifelte ich, ich gab mir solche Mühe, aber nichts brachte mich näher zu den Menschen, die mich ihr Eigentum nannten. Außerdem wusste ich nicht, was ein Eigentum ist. Ich bin ein Pferd, Pferde gehören niemandem, wir sind im Grunde unseres Herzens frei. So unendlich frei wie die Luft die alle Kreaturen dieser Erde atmen. Immer wieder gab es neue Diagnosen, neue Erkenntnisse die meinen Körper demontierten und mir all meinen Stolz, meinen Mut und mein Herz raubten. Wie konnten diese zweibeinigen nichts wissenden Wesen, mich und meinen Körper so auseinander zu nehmen, würdelos und respektlos. Wie gerne hätte ich ihnen gezeigt, wer ich bin! Manchmal wurde ich dann wütend und unangemessen, sie verstanden meine Sprache einfach nicht. Es war nicht zum aushalten. Ich tänzelte, präsentierte mich, fletschte die Zähne, legte die Ohren an. Ein anderes Mal schmiegte ich mich sanft an die Zweibeiner, um ihnen meine Zuneigung zu zeigen, es half alles nichts. Ich dachte mir, vielleicht sind sie taub. Dabei blieb ich dann, sie waren taub und ich wurde tonlos und dass schon 14 Sommer lang, es erschütterte mich bis in Mark. So geschah es dann, das auch ich nicht mehr sprach, ich entschloss mich auch taub zu sein.
Einen Sommer lang stand ich so in meiner Box. Taub, meine Augen wurden stumpf vor Traurigkeit und von den vielen Tränen die ich nicht weinen kann. An manchen freudigen Tagen, durfte ich mit auf die Koppeln. Ein älterer Herr Namens Martin hatte Mitleid mit mir, er kam immer morgens und brachte uns Heu. Ich futterte es im null Komma nichts weg und stand dann meist den ganzen Tag alleine im Stall. Ich erinnere mich an den Stall, es war ein großer Stall mit mir standen dort mindestens noch 30 andere Pferde. Manchmal kam Martin morgens und zwinkerte mir ein Auge „Heute darfst Du einfach mit den anderen raus, der Chef ist nicht da“. In seinen Augen sah ich oft ein liebevolles Blinzeln, ein Zweibeiner der das Leben nicht ganz so ernst nahm. Immer dann wenn ich mit nach draußen durfte, stand Martin noch eine ganze Weile am Zaun und schaute mir zu, wie ich vor Freude und Übermut über die Koppel rannte, Bocksprünge machte und mit wehender Mähne stolz an ihm vorüber galoppierte, das seine wenigen grauen Haare die er noch auf dem Kopf hatte, in der Luft wirbelten und er laut lachte. Ich liebte es Menschen zum Lachen zu bringen, sie hatten dann so etwas Weiches in ihren Körpern und die Falten in ihren Gesichtern glätteten sich dann. Einmal hörte ich ihn sagen „Ich verstehe die Besitzer nicht, warum lassen sie das Tier so vor sich hin vegetieren?“ und er schüttelte den Kopf dabei. Es stimmte, ich hatte meine Besitzer seit Monaten nicht mehr gesehen, keine Reitstunden mehr, keine Ausritte, keine Möhren und keine Bürste die mich putzte und schön glänzend machte. Dabei mochte ich das doch am allermeisten. Abends kam Martin dann wieder, es gab Futter das war immer eine willkommene Abwechslung in meinem tristen Alltag und dann brach die unendlich lange Stille der Nacht herein. Das war das Schlimmste, manchmal stand ich da und drückte meine Stirn gegen die kalte Betonwand meiner Box, einfach so weil es irgendwie meinen Kopf im Gleichgewicht hielt, damals dachte ich das hält mich davon ab durchzudrehen und so zu werden wie die Stute in meiner Nachbarbox, sie stand die ganze Nacht lang da und wippte von einem Vorderbein auf das andere, hin und her und hin und her, es machte mich wahnsinnig. Weben nennen die Menschen das und ich beschloss so wollte ich auf keinen Fall enden.
Das Frühjahr verging und meine Zweibeiner kamen nicht wieder. An einem Tag morgens, kam der Chef mit Martin und einem älteren Mann. Sie standen vor meiner Box und verhandelten. Martin schaute traurig aus, neugierig steckte ich meinen Kopf aus der Boxentür, der andere ältere Mann streichelte meine Stirn und sagte zu Martin „Nimm ihn mal raus, ich schaue mir den mal an“. Martin zog mir mein Halfter über und führte mich hinaus auf den Reitplatz. Ich war so übermütig und aufgeregt, endlich meine Knochen bewegen, mich recken und strecken wie ich es wollte. Kaum auf dem Reitplatz und Strick ab, fetzte ich schon los, dass der Sand nur so flog. Ich zeigte mich von meiner besten Seite, also ich fand mich sehr beeindruckend. Beim Vortraben hatte ich wieder diesen leichten stechenden Schmerz in meinem rechten Hinterbein, der irgendwann einmal einfach anfing und nie wieder richtig verschwand, ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, doch der ältere Mann hatte ein scharfes Auge und sagte „Er tickt leicht hinten rechts, wahrscheinlich Sprunggelenk, was hat er alles gemacht bis jetzt?“ fragte er den Chef des Stalles, der zuckte nur mit den Schultern und schaute fragend auf Martin. „Bisschen springen, bisschen Dressur und viel Gelände, das war es was ich in den zwei Jahren hier im Stall gesehen habe“ erwiderte Martin tonlos.
Ich blieb am Eingang vor den drei Männern stehen und blähte meine Nüstern weit um sie besser wahrnehmen zu können. „Wie viel gibst Du?“ fragte der Chef „ Fünfhundert!“ erwiderte der Ältere „Ah, das ist zu wenig, ich habe sechs Monatsmieten für die Pension ausstehen, das Geld kriege ich nie mehr!“ schnauzte der Chef und zog seine buschigen Augenbrauen eng zusammen. Der ältere lachte „Das ist ja nicht mein Problem, ich kann doch nichts dazu, wenn du dich für dumm verkaufen lässt, bei mir wäre das Pferd schon nach zwei Monaten verschwunden gewesen, ich warte ungern auf mein Geld“. Langsam wurde ich neugierig. Was spielte sich hier ab, wurde ich etwa verkauft? Viel zu oft hatte ich diese Verhandlungen schon verfolgt und erfahrungsgemäß wechselte ich dann in kürzester Zeit meinen Wohnort, ich musste mich immer wieder auf neue Zweibeiner einstellen und mich an die neue Umgebung und neue Pferdekumpels gewöhnen, es war jedes Mal sehr aufreibend für mich. Wo waren meine Zweibeiner, warum waren sie nicht hier, das konnte doch wohl nicht wahr sein. Angst kroch in mir hoch, meine düstersten Ahnungen wurden wahr. Meine Zweibeiner hatten mich verlassen, schon wieder. Ich hatte aufgehört zu zählen wie viele es vorher schon waren. Mein letztes bisschen Mut brach zusammen wie ein Kartenhaus. Die Männer verhandelten weiter und Martin führte mich zurück in meine Box, immer wieder streichelte er meinen Hals „Alles wird jetzt gut für dich, ganz bestimmt, “ flüsterte er. Ich ließ meinen Kopf hängen und schnaubte tief, ich stupste ihn mit meiner Nase an und wollte noch mehr von ihm hören, ich wollte wissen was jetzt passiert, aber Martin schwieg vor sich hin, er brachte mir eine extra große Portion Heu und verschwand in der Futterkammer, zu meiner Freude kam er mit zwei Möhren zu mir zurück. „Lass es dir schmecken, guter Junge“ und wieder tätschelte er meinen Hals. Das tat so unglaublich gut, angesichts der Tatsache, dass ich nicht wusste, was jetzt mit mir passieren würde.
In dieser Nacht stand ich wieder mit der Stirn an der Boxenwand, still unendlich still und tot fühlte ich mich, so leer. So stand ich da mit meinem stumpfen fuchs farbenen Fell, was eigentlich im Frühjahr beginnt bronzefarben zu schimmern und im Sommer glänzt es wie das einer Statue, nur dieses Jahr nicht, staubig dreckig und zerzaust sah ich aus. Erbärmlich klein fühlte ich mich und ich war doch so ein tolles Pferd. Viele Menschen liebten meine lange weiße unregelmäßige Blesse am Kopf, leider konnte man nicht einmal mehr die Zeichnung richtig erkennen. Ich zerfloss in Selbstmitleid und wurde wieder einmal taub.
Ein zarter Lichtschein forderte meine Aufmerksamkeit. Am Eingangstor des Stalles war die rechte Flügeltür ein Spalt offen, von dort drang dieses Licht in den Stall. Ich hielt den Atem an, ich kannte es wenn nachts in Ställe eingebrochen wird und die Sattelkammer leer geräumt wird, Gott sei Dank war den Pferden nie etwas passiert. Doch dieses Licht hier war anders, es schimmerte, so als würden kleine silberne Staubplättchen darin tanzen. Das Tor schob sich noch einen kleinen Spalt weiter auf und eingefangen von silbrigem Licht erschien eine weiße Pferdegestalt im Stall, sie war so weiß, so etwas weißes hatte ich noch nie vorher gesehen. Ihre Augen waren so schwarz wie zwei Kohlen. Kampf oder fluchtbereit stand ich da wie angewurzelt in meiner Box, eingesperrt, ich hätte mich nicht einmal wehren können, im Falle es wäre nötig gewesen. Tief in mir wusste ich, hier muss ich nicht fliehen. Der weiße Pferdekörper bewegte sich auf mich zu und ich spitzte meine Ohren, die Hufe machten keine Geräusche, ich war verwirrt, das war nicht echt, ich war auf dem Wege verrückt zu werden, dachte ich bei mir. Die Gestalt bewegte sich fast schwebend, lautlos durch den dunklen Stall bis sie vor meiner Boxentür verharrte. Ich flehmte, schob meine Oberlippe nach oben, ich wollte genau wissen was das ist, aber es roch nach nichts. Immer mehr Verwirrung machte sich in mir breit, trotzdem blieb mein Körper angesichts der Tatsache was da vor sich ging sehr gelassen. Ich ging näher ran, schaute aus meiner Box raus. Stille, keines der anderen Pferdekameraden machte den Eindruck, dass sie das gleiche sahen wie ich. So stand die Gestalt vor mir und als ich sie anschaute, geschah etwas sehr merkwürdiges. Bei euch Menschen würde ich es so beschreiben, ich habe mir einen Film im Kopf dieser Gestalt angeschaut, einen langen Film, der aber nur ein paar Sekunden dauerte. Für uns ist ja Zeit nie ein Thema, wir haben immer Zeit. Also schaute ich ganz gebannt und ich sah diese Frau, wie sie auf eine Koppel kommt um mich zu besuchen, sie ist klein und hat blonde Haare und lustige blaue Augen, in diesem Moment wusste ich, sie ist mein neuer Zweibeiner, aber sie weiß es noch nicht. Mein Herz macht einen Freuden Sprung, endlich ein neuer Zweibeiner. Ich schaute den Film weiter bis zum Ende, sie wird bleiben, sie wird bis zum Ende da sein. Was eine Freude, ich war so ungeduldig und konnte es kaum erwarten endlich irgendwie auf diese Wiese da zu kommen, wo wir uns das erste Mal wirklich begegnen würden.
Es machte mir nichts mehr aus, Tag ein Tag aus in meiner Box zu stehen und zu warten. Vielleicht würde es noch etwas dauern aber, ich war mir sicher, sie würde mich finden.
Sechs Tage später fuhr ein Auto mit Hänger in den Hof, der ältere Herr mit dem der Chef verhandelt hatte, stieg aus und kam in den Stall, ich stand mal wieder alleine, denn heute durfte ich nicht raus, weil der Chef da ist, hatte mir Martin morgens schon gesagt. Martin und der Mann unterhielten sich, ich sah dass Martins Schultern nach unten fielen, er war über irgendetwas traurig. Nach einer Weile nahm Martin mein Halfter, die beiden Männer führten mich nach draußen auf den Hof, es war ein sonniger Tag und die Wärme auf dem Rücken tat mir gut. Die Aufregung stieg, jetzt war es endlich so weit, ich würde zu meinem neuen Zweibeiner kommen. Martin führte mich auf den Anhänger und ich folge ihm bereitwillig, er band mich drinnen an und gab mir noch einmal meine zwei Möhren. Ich spürte seine Traurigkeit und stupste ihn wie ich es immer tat mit meiner Nase an, ich wollte ihm so gerne sagen, dass er nicht traurig sein solle, ich würde einen Zweibeiner bekommen, der mich bis an mein Lebensende behalten würde und ich hätte ihm noch gerne so viel mehr erzählt, wie dankbar ich für seine täglichen zwei Möhren war und wie sehr es mir gefiel, dass er in den endlosen Monaten immer an mich dachte und von seiner wenigen Zeit die er immer hatte, ein wenig nutzte um mit mir zusammen zu sein, ein wenig traurig war ich schon. Martin lächelte „Hoffentlich wirst du einen guten Platz finden, mein Freund, denk immer dran, zeig dich immer nur von deiner besten Seite, das mögen die Menschen, mach mich stolz“. Ja, das würde ich ganz bestimmt, ich würde Martin stolz machen.“
Die Klappe des Anhängers schloss sich und der Wagen setzte sich in Bewegung, an der Seite gab es ein Fenster, da ich sehr groß bin konnte ich gut hinaus schauen. Häuser, Wiesen und Felder flogen an mir vorbei. Ich hatte keine Ahnung wo wir hin fuhren. Es wurde langsam spät und die Sonne neigte sich der Erde zu, als wir endlich anhielten. Die Klappe öffnete sich und ich wurde nach draußen geführt. Vor mir lag eine riesige Koppel, dort erwarteten mich ein kleines Pony und eine freundliche ältere braune Stute die wohl schon etwas mehr Winter als ich gesehen hatte. Sie wieherten mir zu, aber ich wollte nur endlich auf die Koppel um zu wissen, ob es die Koppel ist, die ich gesehen hatte. Also riss ich mich einfach los und stürmte davon. Der Mann der mich gefahren hatte, tobte und war sichtlich wütend, also beschloss ich lieber nicht mehr zum Tor zu kommen, ich lief und lief bis ich so müde war, dass ich nicht mehr laufen konnte. Die Nacht brach herein, aber diese Nacht war wundervoll, anders als die Nächte im Stall, ich hörte die Tiere um mich herum, ich konnte frei atmen und genoss es da zu stehen, oder umher zu wandern wie es mir gefiel, Gras zu knabbern und am Bach meinen Durst zu löschen. Ich war am abgesprochenen Ort angekommen und brauchte ja nur zu warten.
Die Tage vergingen, immer wieder kam der ältere Mann mit Menschen auf die Koppel um einen von uns verkaufen zu können. Ich hielt mich jedes Mal zurück, denn die Menschen die da kamen, waren nicht halb so interessant als das was ich in jener Nacht im Stall gesehen hatte.
Nach ein paar Wochen, wurde ich merkwürdigerweise immer müder und konnte mich fast kaum auf den Beinen halten. Das Gras auf unserer Weide war sehr knapp und die anderen beiden Pferde hatten voll damit zu, mich von den noch übrig gebliebenen Futterplätzen weg zu halten. Ich konnte mich nicht besonders wehren, denn mir fehlte die Kraft dazu. Es war eine unerträgliche Hitze und das Wasser des Baches das vor ein paar Wochen noch klar in der Sonne glitzerte und lustig vor sich hin plätscherte, verkroch sich in der Erde. Ich sehnte die kühlen Nächte herbei und fragte mich, wann sie denn endlich kommen würde. In einer dieser Nächte stand ich unter einem Baum und träumte. Ich beobachtete meine neue Zweibeinerin wie sie auf einem fremden Pferd sitzt und Reitstunden nimmt, Woche für Woche. Sie erschien mir ein wenig ängstlich und unsicher, ihr Gesicht war verkrampft und schaute drein als würde sie in einen Krieg ziehen, sie wirkte so zerbrechlich und mein Herz wurde immer warm im Traum. Warum ich so träumte wusste ich damals nicht, die Träume kamen wie Wolken am Himmel und zogen genau so weiter.
Das Futter wurde immer knapper und ich begann in den Nächten zu frieren, ich hatte ein Viertel meines Gewichtes verloren und aufgehört die Tage zu zählen, es war mir alles egal. Der Hunger trieb mich tagsüber umher und ließ mich nicht in Ruhe, in den Nächten dann träumte ich von dem was kommen würde und mir endlich Ruhe geben würde. Meine Beine begannen zu schmerzen und ich konnte nicht mehr richtig laufen ohne immer wieder lange Pausen dazwischen zu machen. Wo blieb sie nur, was hinderte sie bloß mich einfach abzuholen? Eines Nachts besuchte mich wieder diese weiße Pferdegestalt, sie schritt schwerelos auf mich zu und ich musste blinzeln weil sie so hell war. Sie blickte auf mich herab und mir wurde warm, ein leichtes prickeln schauderte meinen Körper der erbärmlich aussah, ich lag da und man konnte jede meiner Rippen zählen, tiefe Höhlen hatten sich über meinen Augen eingegraben, es sah nicht gut für mich aus, das spürte jede Zelle in mir. Ich blickte auf die lichte Gestalt und eigentlich wollte ich, dass sie mich mit nimmt, wo auch immer sie herkam. Doch das war nicht der Grund ihres Besuches, „Halte durch mein Freund eine kurze Weile noch“, sprach sie zuversichtlich. „Wie lange noch, mein Körper wird mich nicht mehr tragen, wie soll ich sie überzeugen, wenn sie kommt und mich kaufen möchte?“ fragte ich resigniert. „Ich glänze nicht, sehe schrecklich aus, ich werde nicht in der Lage sein ihr zu zeigen was ich kann, sie wird mich so nicht wollen!“ davon war ich überzeugt „Oh, doch das wird sie, sie wird dich lieben und es wird ihr ganz egal sein, ob du sie tragen kannst oder nicht“, versprach die Gestalt. „Ihr werdet euch sehen und ihr werdet in nur einer Sekunde wissen, was Freundschaft bedeutet“, die weiße Gestalt wirkte so sicher, dass ich Mut schöpfte und ich erhob mich von der staubigen Erde, die schon fast mein zuhause wurde, der Platz an dem ich mich eigentlich niederlegen wollte, nur um zu warten bis ich diesen unerträglichen Körper verlassen konnte. Ich schüttelte mich und der Staub fiel sanft und bröselig von mir, ich wollte tief schnauben, aber ich verschluckte mich wohl irgendwie und musste schrecklich husten, auch das hatte ich immer wieder, quälendes husten und die Angst ersticken zu müssen, es war leichter mich nicht zu bewegen und so das Husten zu verhindern, so hielt ich meinen Körper am leben, ohne zu wissen wofür.
Langsam ging ich zu dieser Gestalt, dieses Mal trennte uns keine Boxentür und ich war neugierig ob sie mir noch mal so einen schönen Film zeigen würde. Sie erkannte wohl meine Absicht und Schwups sah ich meine zukünftige Zweibeinerin mit einer Zeitung an einem großen eichefarbenen Tisch in einer Küche, sie blätterte, las und überlegte, trank einen Schluck Kaffee, ihr Finger wanderte über eine Spalte in der Zeitung über der fett gedruckt „Tiermarkt“ stand. Sie wirkte aufgeregt und gleichzeitig aber auch müde. In ihrem Kopf war scheinbar ein heilloses Chaos und ich sah die weiße Pferdegestalt, ich war sichtlich verwundert, ich sah sie bei dieser Frau und gleichzeitig war sie hier bei mir, wie konnte das nur sein. Das war verrückt „ Wie geht das, zeig mir wie das sein kann, du bist ein Pferd, wie kannst du gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten sein?“ wieder lächelte sie „Auch du wirst das einmal können, wenn du diesen Körper verlassen hast, doch erst wirst du bleiben und dich um diesen einen Menschen kümmern, der dich braucht um sich selbst verstehen zu können“, sprach sie in einem ruhigen fließenden Ton, der mich jedoch wach rüttelte bis ins innerste. „Sie braucht mich“? fragte ich ungläubig „Wofür braucht sie mich, ich brauche sie!“ entgegnete ich. „Ihr braucht euch gegenseitig.“ Antwortete die Gestalt, „Ihr werdet aneinander wachsen und du wirst dein letztes Erdenleben mit einer wichtigen Aufgabe verbringen“, „Mein letztes Erdenleben, wie meinst du das?“ ich verstand nicht was sie meinte. Wieder lächelte sie und sprach „Du bist ein wunderbares Pferd, wir sind alle sehr stolz auf dich, weißt du, als du in diesen Körper geschlüpft bist, wusstest du schon, das du einmal diesem Menschen begegnen würdest, du hast dir vorgenommen ihr zu zeigen, was es heißt bedingungslos zu lieben und dir war klar es würde eine Weile dauern bis sie verstehen würde, möglicherweise viele Menschjahre lang, aber du wolltest es so.“ sagte die Gestalt. Das hörte sich gut an und ich spürte wieder so etwas wie Stolz in mir wieder kehren, vielleicht war ich gar nicht so unwichtig wie ich immer dachte, möglicherweise musste auch ich viele Menschen kennen lernen um zu verstehen, dass nicht alle Menschen so sind wie sie sind, sondern das es für uns Pferde ganz wichtig ist, unserem einen Menschen zu begegnen dem wir etwas zeigen können, mit dem wir gemeinsam einen Weg beschreiten, einen Menschen dem wir uns zeigen können, der uns so versteht wie wir eben sind, jedes Pferd für sich. Vielleicht wäre es ja möglich, dass jedes Pferd eine besondere Aufgabe hat und ich wusste das nur noch nicht. In meinem Kopf war alles ganz wirr und viele Gedanken schossen hin und her. Dann war ich aber auf einmal wieder ganz aufmerksam bei meinem Film den ich mir ja anschauen sollte. Die Frau stand auf und ging zum Telefon, sie sprach mit einem Mann und wusste in diesem Moment, es war der Mann der mich hier her gebracht hatte. Hoffentlich sagte er jetzt nichts falsches, sie nickte und ihr Herz fing an schneller zu schlagen. Ich hörte wie sie sagte „Ja, Freitag ist in Ordnung, die Adresse bräuchte ich noch, drei Uhr ist gut, danke schön und bis Freitag“. Sie würde hier her kommen „Am Freitag, was ist überhaupt Freitag?“ fragte ich aufgeregt „Das sind noch zwei Nächte, nach den Nächten wird sie kommen“, erklärte die Gestalt belustigt. Ich war in völliger Aufruhr, noch zwei Nächte, wie würde sie sein, ist sie ein netter Mensch, hat sie noch eine Menschenfamilie? Ich habe das oft gesehen, dass Menschen mit drei, vier Menschen zusammen leben. „Beruhige dich, du wirst alles erfahren, was für dich wichtig ist“ sagte die Pferdegestalt. „Ich verlasse dich jetzt und wünsche dir für deine restliche Erdenzeit alles was du brauchst“, ich hielt inne „Werde ich dich wieder sehen?“ fragte ich „Ja, am Ende deiner Tage werde ich da sein und dich dort hin führen, wo alle anderen sind.“ Freundlich verabschiedete sie sich verschwand, einfach in der Luft. Ungläubig starrte ich in die leere dunkle Nacht, hatte ich das nur geträumt? Ich war mir nicht sicher, möglich wäre es ja.
Am folgenden Tag kam der ältere Mann und brachte Heu. Hungrig fielen wir darüber her, wir konnten unser Glück kaum fassen. Polly, so hieß die andere Stute ließ mich breitwillig mit fressen, ich glaube sie bemerkte wie schlecht es mir ging. Es fühlte sich so gut an die langen Halme mit den Zähnen zu zermahlen, ein Wohlgefühl machte sich in mir breit. Der Alte begutachtete mich von allen Seiten „Hhm, ob das was wird morgen“ brummelte er sich in den Bart „Vielleicht sollte ich versuchen, der Frau die Stute zu verkaufen, die hält sich noch ein bisschen länger auf den Beinen“, entrüstet gab ich ihm einen Rempler mit meiner Schulter. Was dachte dieser Kerl sich eigentlich! Sie würde die Stute nicht kaufen, sie kommt wegen mir, hätte ich ihm am liebsten gesagt. Doch er verstand mich ja eh nicht. Ich genoss das Heu, bis kein Krümel mehr übrig und stellte mich wieder auf warten ein, aber dieses Mal wusste ich ja, nur noch eine einzige Nacht!
Sehnsüchtig wartete ich auf die aufgehende Sonne, sanft schob sie sich hinter dem entfernten Berg hervor. Die Wiese war noch feucht vom nächtlichen Tau, er tat meinen ausgetrockneten Hufen so gut. Heute war Freitag, heute würde sie kommen und mich mit nehmen, endlich. Wie lange hatte ich gewartet auf diesen Tag. Ich dachte darüber nach, ob sie mich wohl wirklich für immer behalten würde, was wäre wenn sie doch nach einer Weile keine Lust mehr hatte, mich jeden Tag zu besuchen, mich zu putzen, zu reiten? Was wäre dann? Was würde dann mit mir geschehen, noch einen neuen Besitzer würde ich nicht verkraften, mein Körper schon gar nicht. So grübelnd stand ich unter meinem Baum und zählte die Autos, die weit entfernt wie kleine Punkte die Straße entlang huschten. Ich hatte Durst, aber ich mochte das schlammige Wasser nicht mehr, was da vor sich hin klitschte, es war nicht frisch, nicht klar und schon gar nicht sauber. Vielleicht hatte ich bei ihr wieder eine Selbstränke in meiner Box, oder so ein komisches rundes Fass auf der Weide, aus dem man auch trinken konnte, wenn sonst kein Wasser da war. Die Menschen machen so was, mir ist aufgefallen, dass nicht auf jeder Weide ein Bach ist. Ja und dieser hier war ja schon lange durch das heiße Wetter irgendwie nicht mehr flüssig. Also blieb ich durstig. So verging der Vormittag, ich wartete unter meinem Baum und starrte auf die Straße. Mein ganzer Körper war in Aufruhr, zittrig und ich dachte angestrengt nach, wie ich mich am besten verkaufen könnte. Heute lächle ich darüber, aber damals war es wirklich so, dass ich glaubte sie würde mich nicht mögen, weil ich nicht hübsch genug wäre.
Am Nachmittag fuhren fast zeitgleich zwei Autos den Weg entlang, erst ein fremdes, dann das Auto des alten Herrn. Drei Frauen stiegen aus dem grünen Wagen, ich dachte, du liebe Güte was wollen die denn alle hier. Meine beiden Weidegefährten trabten fröhlich in Richtung Weidetor, ich war misstrauisch. Von dreien war nicht die Rede! Mit Abstand beobachtete ich das Geschehen. Die drei Damen standen am Tor und begrüßten meine Weidekumpel ausgiebig, dann stieg der Alte aus und es gab wohl ein langes Gespräch, endloses Geplapper, wie Frauen halt so sind. Irgendwann öffnete der Alte das Tor und sie kamen herein, in mein Zuhause. Ich fasste mir ein Herz und trottete langsam Richtung Tor. Je näher ich den Menschen dort kam umso wärmer wurde es in meinem Herz, ein sehr merkwürdiges Gefühl. Sie standen im Kreis und unterhielten sich und während ich näher kam, wusste ich instinktiv zu wem ich gehen musste. Einen kurzen Moment überlegte ich noch einmal wie sie mich wohl finden würde, aber nur kurz und dann übermannte mich ein so tiefes Gefühl von Verbundenheit, das alle Zweifel in mir sich in Luft auflösten. Sie würde mich mit nehmen und alles würde gut werden und nichts auf der Welt würde diesen Moment zerstören können. Ja, das war mir klar und insgeheim wünschte ich mir sie würde es genauso schnell erkennen können wie ich es tat.
Sie schaute mich an, begutachtete mich von allen Seiten und ich könnte förmlich hören wie sie dachte „Du meine Güte, er sieht aus wie halb tot“ und der Alte bemerkte „Also die Stute hier die verkaufe ich auch und die ist noch ein gutes Stückchen jünger“, aber seine Worte interessierten sie nicht, fasziniert starrte sie mich an und sagte „Nein, ich mag keine Stute haben“. Das war alles und sie drehte sich um und fing an mit dem Alten zu reden. Sie sei blutiger Anfänger was das reiten betrifft und nicht besonders mutig. Ein ruhiges ausgeglichenes Pferd, das wäre es was sie suchte und wie mein Name sei wollte sie wissen „Maurice, heißt er“ sagte der Alte. „Oh wie mein Sohn, das ist ja ein Zufall“. In diesem Moment tat ich etwas, was Pferde wahrscheinlich öfter tun, nur Menschen merken es die meiste Zeit nicht. Ich gab ihr einen stillen Hinweis, dass sie auf dem richtigen Weg sei. Ich stand hinter ihr und legte meinen Kopf auf ihrer rechten Schulter ab, für einen Moment und sie verstand, oh Wunder, sofort was ihr sagen wollte.
„Wie wäre nächste Woche Samstag, da hätte ich Zeit ihn abzuholen“ , der Alte nickte und fing wieder mit der Stute an, sie wäre ja gesünder und jünger und so weiter, aber sie ließ sich nicht ein, sie wollte mich und sonst kein anderes Pferd. Jetzt hieß es noch mal warten, aber das war nicht mehr so schlimm, ich war in Sicherheit, das war alles was zählte. Der Alte brachte uns jeden Tag Heu, wahrscheinlich weil er sein Gewissen beruhigen wollte, manche Menschen wissen nicht, welch ein Geschenk Pferde sein könnten, wenn sie die Verpackung nur einmal aufmachen würden. Ich hatte einen neuen Zweibeiner mit Namen Maxime.
Eine Woche später, genau Samstag wie besprochen rollte mittags ein Auto mit Anhänger dran vor meine Weide. Ich würde nach Hause fahren, endlich. Maxime kam um mich abzuholen. Eine 4 stündige Fahrt stand mir bevor, doch diesmal gab es ein riesiges Heu Netz im Hänger und ich verbrachte natürlich die ganze Fahrt mit fressen und raus schauen. Als es Abend wurde hatten wir mein neues Zuhause erreicht, das erste Mal seit sie mich gekauft hatte, schaute sie mich noch vor dem ausladen lange an. Sie zweifelte, das konnte ich fühlen, sie glaubte nicht dass sie mich wieder auf die Beine bekommen würde, geschweige denn jemals auf meinem Rücken sitzen würde. Und doch war da noch etwas, Wärme, Verständnis, Mitgefühl und sehr viel Mut in dieser kleinen Person. Aber sie selbst wusste von ihrem Mut noch nichts. Ich schnaubte tief und gab ihr einen Stups mit der Nase. Sie strich mir langsam mit der Hand über meinen Hals, das tat so gut. Lange hatte das niemand gemacht, ich konnte hören was sie dachte, der Tierarzt muss her, der Hufschmied, welches Futter, oh mein Gott was hab ich mir nur dabei gedacht.
Langsam führte sie mich aus dem Hänger, ganz vorsichtig begutachtete ich meine neue Weide, die neuen Pferdekollegen, eine kleine pummelige Fjiordstute, namens Arabella, eine braune Stute Sahra und ein Haflingermix Ben. Das waren meine neue kleine Herde, wir beschnupperten uns, quietschten und liefen ein wenig umher, dann war alles schon geklärt und ich konnte endlich Gras fressen, fressen so viel und solange ich wollte.
Tags darauf stand der Tierarztbesuch an, mit besorgtem Blick untersuchte mich der nette Herr und fragte Martine, was sie denn wohl mit mir vorhabe? Stirnrunzelnd gab sie zur Antwort „Ich weiß es selbst nicht, ich konnte ihn einfach nicht dort lassen wo er war“. „Er braucht Ruhe, gutes Futter und ganz viel Zeit“ sinnierte der Arzt. „Reiten steht im Moment überhaupt nicht zum Thema, vielleicht auch nie wieder angesichts der Diagnose seiner Beine“.
„Dann geh ich mit ihm spazieren und er hat noch ein schönes Leben!“ entgegnete ihm Maxime. Ich bemerkte die aufkeimende Hoffnung in ihr, der Gedanke mich einfach nur am Leben zu halten und mir eine gute Zeit zu verschaffen, füllte sie mit Freude aus. Merkwürdig das kannte ich nicht von Menschen. Ich bekam zwei Aufbauspritzen verpasst, eine Blutentnahme, die sich Tage später als in Ordnung herausstellte.
Von da an hatte ich Zeit, mich zu erholen, der Hufschmied kam und verpasste mir einen orthopädischen Beschlag, von da an wurde auch der stechende Schmerz in meinem Hinterbein jeden Tag ein wenig besser. Maxime kam jeden Tag mit neuen Ideen, neben den ausgiebigen Spaziergängen die ich ganz gemütlich neben ihr her tappte, durch die angrenzenden Wälder zwischen Feldern und Wiesen konnten wir unendlich unsere Seele baumeln lassen, ich genauso wie sie. Ich bemerkte dass sich ihr Wesen veränderte, sie wurde gelassener, ruhiger und sortierter. Sie begann mir neue Entdeckungen mitzuteilen, bezüglich meiner Gesundheit, Bachblüten, Kräutermischungen und vieles mehr. Sie sprach richtig mit mir, es war ein stiller Gedankenaustausch zwischen uns beiden, ein Wechselspiel zwischen Energien. Sie wusste immer wann es mir gut ging und wann nicht.
Auch ich bemerkte jede feinste Schwingung an ihr, nach einer Weile, ich glaube es waren so 3 Sommer vergangen, war sie anders, Kummer und Sorgen kreisten in ihrem Kopf, aber doch waren ihre Gedanken stets immer auch bei mir. Schon lange dachte ich es wäre an der Zeit, dass sie einen Versuch starten sollte mich zu reiten, aber sie wollte ganz sicher gehen, dass ich keine Schmerzen dabei hatte. Also wartete sie bis der Tierarzt sein ok gab. So kam es an einem Nachmittag im Herbst, dass sie nach sorgfältiger Überlegung meinen Sattel nahm, mich sattelte trenste und aufstieg. Einen Moment hielten wir beide die Luft an. Sie gab mir ein Zeichen und ich marschierte los, still war sie und leicht, dünner war sie geworden ja, das war mir aufgefallen, als ich so vor mich hin marschierte, sie auf meinem Rücken sanft hin und her wog, flossen plötzlich ihre Tränen, einfach aus Erleichterung, Schmerz floss ab und Kummer. Endlich schnaubte ich leise.
So vergingen die Jahre, in denen wir immer verbunden waren, auch wenn sie nicht da war. Ich wurde ihr bester Freund, ich teilte ihren Kummer und ihre Sorgen, ihre Freude und ihren Übermut. Sie sorgte, hegte und pflegte mich, experimentierte mit vielen Pferdemethoden, Pferdenaturheilverfahren, wurde immer sicherer und irgendwann wurde sie oft nach Rat gefragt, wir reiften beide und waren so innig miteinander wie man es sich kaum vorstellen kann. Wir sprachen, sogar dann, wenn sie nicht körperlich bei mir anwesend war, sie tat das oft von zuhause aus, während dem Auto fahren. Es war unheimlich was uns verband und doch wußte ich, dass es etwas ganz besonderes war, was wir erschufen. Wir bahnten einen Weg, der später viel weit greifender sein sollte, als wir es damals erfassen konnten. Maxime erlitt in unseren gemeinsamen Jahren viele Schicksalsschläge, die sie aber immer überwand, mit mir an ihrer Seite, meine größte Sorge war, was würde werden wenn ich nicht mehr da sein sollte?
Ich verstarb am 20.07.2009 nach einem Sturz, bei dem ich mir eine starke Verletzung an der Hüfte zu zog im Alter von 29 Jahren. Maxime und ich verbrachten 15 Jahreszeiten miteinander, wir durchlebten den Frühling, den Sommer, den Herbst und den Winter 15 Mal miteinander. In dieser Zeit wuchsen wir beide. Wir wussten das wir uns auf der körperlichen Ebene verlieren werden, doch in unserem Herzen niemals. Sie ist weiter gewachsen, acht Jahre sind vergangen, neue Pferde sind gekommen und doch noch immer begleite ich sie dann und wann, in schwierigen Zeiten, auf dem Weg zu sich selbst. Das tun wir alle, wir sind Lehrer für euch, Weise, Krieger, Könige, Heiler und Schamanen wenn ihr möchtet. Wir sind nicht weg wenn wir gehen, unsere Energie bleibt auf ewig in der euren.
Oktober 2009-10-14
Wisse, wenn Du morgens nach draußen schaust und die
Sonne ein Loch in die Wolken reißt, dass ich dort im
Morgentau auf der Weide stehe und grase.
Wisse, wenn der Sturm über die Felder und Wiesen fegt
und die Blätter aufwirbelt, das war nur ich, der voller
Freude an Dir vorbei galoppierte.
Wisse, wenn die Nacht sich über die Welt legt und Du
still in Deinem Bett liegst, bin ich es der Dir warm über
Dein Haupt streicht.
Wisse, dass kein Pferdeleben auf dieser Welt umsonst ist,
egal wie traurig und schmerzvoll es auch war.
Wisse, dass alles was lebt, Teil der Vollkommenheit ist.
Wisse, immer wo Deine Grenzen sind und wo es besser
ist für Dich und für uns, abzuwarten, bis Du Entscheidungen
für triffst.
Wisse, dass wir Pferde da sind, um das Harte im Menschen
in Weiches zu verwandeln und Stärke zu geben wo
Schwäche ist und umgekehrt.
Zu guter Letzt, wisse immer und ewig bin ich in Deinem
Herzen, denn das war mein Auftrag für dich.
(Verfasser Elke Ossweiler und Maurice)